Schlachtfohlen retten, eine sinnvolle Alternative?
Jährlich landen viele tausend Fohlen beim Schlachter. Die Gründe dafür sind vielschichtig: Weideunfälle, unerwünschte Trächtigkeit, nicht erreichte Zuchtziele oder das falsche Geschlecht – und oft kommt es sogar vor, dass Fohlen extra für ausländische Schlachter gezüchtet werden!
Gerade Rassen wie der Noriker und der Haflinger sind davon betroffen. Die oft sogar gemischten Herden leben von Frühling bis Herbst auf der Alm, fressen Gras und trinken Wasser, genießen ihr Leben und benötigen kaum Pflege oder Aufsicht. Im Winter stehen sie in baufälligen Ställen und fressen Heu. Die Versorgungskosten sind kaum nennenswert. Im Frühling fohlen die Stuten und die kleinen Fohlen wirken zusätzlich als Touristenattraktion und Touristenmagnet. Erst im Herbst, nach dem Almabtrieb, wird aussortiert: Für die jungen Hengste ist das Leben damit zu Ende, die Stuten laufen weiter mit der Herde mit und bekommen später eigene Fohlen. Auch in vielen Zuchtbetrieben funktioniert das so: Der Markt für Hengstfohlen ist völlig übersättigt, es gibt viel zu viele und fast niemand interessiert sich für Hengstfohlen ohne nennenswerte Zuchtabstammung.
Für die Züchter ist die Aufzucht, Kastration und Ausbildung aber oft zu teuer und auch ausgewachsene Haflingerwallache finden eher selten einen Besitzer. Die lukrativere Variante ist da eindeutig der Schlachter. Da aber in Österreich und Deutschland kaum Nachfrage für Pferdefleisch besteht, werden die Fohlen zumeist nach Italien, Frankreich oder andere Länder verkauft und transportiert.
Auf engstem Raum, ohne Futter und Wasser und in einer ungewohnten Umgebung ohne der Mutter und den Herdenverband legen die Tiere weite Strecken zurück ohne zu wissen, was eigentlich mit ihnen geschieht. Doch das Geschäft der Schlachtfohlen rentiert sich, pro Tier können sogar bis 400 Euro gewonnen werden, die Aufzuchtkosten bereits abgezogen.
Ehemalige Rennpferde zum Schlachter
Neben Haflingern und Norikern findet man beim Schlachter auch viele ehemalige Rennpferde. Traber beispielsweise, die für die Besitzer auf der Rennbahn keinen gewinnbringenden Job machen, landen häufig beim Schlachter. Kaum jemand kauft ehemalige Rennpferde, denn die Traber werden speziell für die Trabrennen gezüchtet und verfügen oft nicht einmal über einen ordentlichen Galopp, sondern fallen nur in einen schwer zu sitzenden Renntrab.
Nun gibt es zahlreiche Organisationen und Vereine, die sich mit der Rettung der Schlachtpferde auseinandersetzen. Auch einige Reitställe und –vereine retten immer wieder Pferde vom Schlachter. Einige natürlich haben es nur auf die gute Publicity abgesehen, das gute Licht, welches durch solche Taten auf sie geworfen wird und die Förderer, Investoren, Einsteller und andere, welche daraufhin auf sie aufmerksam werden. Auch Privatpersonen brüsten sich gerne damit, ein Schlachtfohlen gerettet zu haben. Das Retten ist hierbei jedoch nur der leichte Teil, viel schwieriger ist es anschließend, das gerettete Fohlen zu behalte und aufzuziehen. Ein Fohlen ist keine leichte Aufgabe, es benötigt Liebe, Zuwendung und eine Erziehung, artgerechte Haltung mit ausreichend Platz, Futter und Artgenossen und natürlich auch eine altersgerechte Ausbildung. Unerfahrene Pferdeliebhaber vergessen das leicht, sie denken nur an eine schnelle Rettung. Gerettet ja, und was nun? Bevor man ein Fohlen aufnimmt, sollte man sich überlegen, ob man der Aufgabe gewachsen ist. Denn was hat es für einen Sinn, das Fohlen auf eine unendlich lange Odyssee von Besitzern und Herumreichern zu schicken, bis es vielleicht Jahre später an einen guten Platz kommt oder doch noch beim Schlachter endet.
Mit der Rettung eines Fohlens ein Wunder vollbringen
Heutzutage hören sehr viele Teenager und junge Mädchen vom Fohlenretten und wollen selbst unbedingt so ein Wunder vollbringen. Doch haben 14- 19 Jährige meistens viel zu wenig Ahnung von Fohlen oder sogar Pferden allgemein. Sie vergessen, dass junge Pferde alles lernen müssen, was für die ausgewachsenen bereits selbstverständlich ist und sind dann damit überfordert. Daher mein Rat an alle potenziellen Fohlenretter: Überlegt euch wirklich und ernsthaft, ob und warum ihr das machen wollt und ob ihr tatsächlich über genug Wissen verfügt, für ein Fohlen aufzukommen, die monatlichen Kosten (sowie extra Anfallendes) zu entrichten und genügend Zeit und Ausdauer für die Ausbildung investieren könnt. Und damit meine ich nicht nur auf ein Jahr gesehen, sondern möglicherweise auf 20, 30 Jahre, um dem Tier ein langes, schönes Leben zu ermöglichen.
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