Erstes Turnier reiten

Turnier reiten

Egal ob Reitertreffen oder Spaßturnier, was kommt auf sie zu?

Mittlerweile ist die Turniersaison in vollem Gange und viele, ob Amateur, Freizeitreiter oder Profi, starten in verschiedenen Sparten, ob beim Reitertreffen oder Spaßturnier nebenan oder einem nationalen oder gar internationalen Turnier. Hin und wieder denke ich mir auch, einmal oder vielleicht auch mehrmals auf ein Turnier zu fahren wäre schon ganz nett und lehrreich. Aber wenn ich dann zum Zusehen komme und die aufwendigen Vorbereitungen, den Zeit- und Geldaufwand sehe, bin ich doch froh, diesem Turnier-Virus (noch) zu entkommen. Erst letztes Wochenende war ich als Unterstützung und „Turniertrottel“ (das heißt, als Helfer) beim Turnier meiner Freundin dabei. Sie ist selbst eigentlich Freizeitreiterin, die nun doch etwas Turnierluft schnuppern möchte. Deshalb von mir hier einige wichtige Tipps und Ratschläge für das erste Turnier und generell für den ganzen Wirbel um die Wettbewerbe.

1. Wann, was, wo?

Grundsätzlich finden Turniere das ganze Jahr über statt, die Hauptsaison ist allerdings von Frühling bis Herbst. Das liegt daran, dass es viel leichter ist, ein Turnier im Freien abzuhalten, meistens gibt es auch mehr Platz und außerdem lockt Sonnenschein natürlich viel mehr Bewerber und Zuschauer an, als Regen, Schnee und Kälte.  Disziplinen wie Distanz oder Vielseitigkeit, die draußen stattfinden müssen, werden allerdings kaum im Winter abgehalten, die Gründe dafür sind eben schon die oben genannten, und natürlich ist das Verletzungs- und Krankheitsrisiko im Winter draußen viel größer.

Die Turniere decken so ziemlich alle Sparten des Reitsportes ab. Es gibt einerseits Dressur-, Spring-, und Vielseitigkeitsturniere, Distanz- und Rennbewerbe, Western- und Fahrturniere genauso wie Bewerbe für das Voltigieren und den Behindertenreitsport, außerdem für Working Equitation, Horseball, Mounted Games und natürlich Gangturniere. Dazu gezählt gehören auch die Spaßturniere, bei denen von dem beliebten Apfeltauchen bis zur Fuchsjagd alles dabei sein kann. Es gibt also sehr viele Turnierdisziplinen und nicht zu vergessen natürlich die einzelnen Einteilungen innerhalb der Diziplinen.

Für Dressur und Springen gelten folgende Prüfungsklassen mit aufsteigendem Schwierigkeitsgrad: Klasse E (einfach) – Klasse A (Anfänger) – Klasse L (Leicht) – Klasse LM (Leicht-Mittelschwer) – Klasse M (Mittelschwer) – Klasse S (Schwer). In den Klassen kann man je nach Disziplin noch weiter unterscheiden, so gibt es beim Springreiten ab Klasse A die Differenzierung in Einsterne- oder Zweisterne-Springen (A* oder A**). In der Dressur unterscheidet man in der Klasse L beispielsweise zwischen Kandare oder Trense, außerdem folgt hier über der Klasse S noch GP (Grand Prix), und natürlich die Dressur Küren. Ganz anders wird die Einteilung im Westernsport geregelt. Hier unterscheidet man in den verschiedenen Disziplinen (beispielsweise Reining oder Pleasure) die Leistungsklassen 1 – 5, abgekürzt LK 1 – 5.

Turniere finden meistens an eher größeren Reitbetrieben statt, da natürlich sehr viel Organisation notwendig ist und Aspekte wie Platz, Unterbringung von Pferden (möglicherweise auch über Nacht), Verpflegung für die Reiter und Zuschauer, Kosten, Teilnehmer und vieles mehr berücksichtigt werden müssen. Kleinere Ställe veranstalten aber häufig auch Hausturniere oder Reitertreffen, die hauptsächlich zum Spaß und zur Unterhaltung gedacht sind.

2. Wann darf ich was starten?

An offiziellen Turnieren darf man in Österreich starten, wenn man die drei Reitabzeichen Reiterpass, Reiternadel, hauptsächlich aber die Reitlizenz abgelegt hat. Es gibt auch die sogenannten lizenzfreien Turniere, meistens Reiterwettbewerbe oder Klasse E, an denen man nach dem Ablegen des Reiterpasses starten darf. Nun ist es aber nicht so, dass man bei jedem Turnier starten darf, sobald man die Lizenzprüfung abgelegt hat. Vielmehr ist es in Österreich so geregelt, dass man sich das Antreten in höheren Klassen erst verdienen muss. Das bedeutet nun, man darf nach dem Ablegen der Lizenzprüfung Turniere der Klassen A und L nennen, sobald man sich genug Punkte (das heißt Siege oder Platzierungen) in diesen beiden Klassen verdient hat, steigt man auf und darf nun auch bei höheren Turnieren starten. So erarbeitet man sich also die Lizenzen für die höheren Klassen, was durchaus fair ist.

Außerdem darf man mit einem Pferd auch nicht mehr als zwei benachbarte Klassen nennen – so kann man zum Beispiel nur in M und S starten, und nicht auch in niedrigeren Klassen, was auch durchaus gerechtfertigt ist. Es wäre doch absolut unfair, wenn alle Profireiter und Schleifenjäger der Klasse S plötzlich auch noch in A und L abräumen, denn natürlich hat man gegen diese dann keine Chance als A oder L Reiter/ Pferd.

Vor dem Turnier ist es hektisch. Treffen Sie geplante Vorbereitungen anhand unserer Checkliste

Wenn nun tatsächlich das erste richtige Turnier ansteht, gibt es einige Vorbereitungen zu treffen. Am besten und übersichtlichsten ist es, sich eine Checkliste zu machen mit allen To Do’s um nicht en Überblick zu verlieren.

1. Anmeldung, Nennung

Das Pferd muss als Turnierpferd eingetragen sein, wenn man bei einem Turnier startet, außerdem muss man sich und das Pferd natürlich auch anmelden. Die Turnierausschreibungen findet man normalerweise auf der Homepage des Reitstalles, bei dem sie ausgetragen werden, auf der offiziellen Seite des Landes-/ oder Bundesverbandes, manchmal auch direkt im Stall oder in Zeitschriften und Co. Dort finden sich auch alle Informationen wie und was zu nennen ist, was für eine Startgebühr zu entrichten ist und wann Nennschluss ist. Manchmal, so wie beim Turnier meiner Freundin, ist der Nennschluss auch erst am Abend vor dem Turnier, und man muss persönlich hinfahren und sich anmelden. Am Turniertag muss man natürlich zur Meldestelle vor Ort und sich erneut anmelden, beziehungsweise zeigen, dass man auch tatsächlich da ist, und sich seine Startnummer und –zeit abholen.

2. Hin- und Rückweg, Unterbringung, Zeitmanagement

Irgendwie muss man nun auch mit Pferd und Sack zum Turnierort gelangen, deshalb sollte man sich früh genug nach einem Hänger umschauen. Besitzt man selber einen, ist das natürlich von Vorteil, andernfalls kann man sich auch mit Stallkollegen zusammenreden und eventuell dasselbe Turnier nennen, um gemeinsam zu fahren. Oder man leiht sich einen Hänger, den man natürlich ebenfalls früh genug organisieren muss. Wenn das Turnier in der Nachbarschaft ist, kann man auch mit dem Pferd hinreiten – so spart man sich auch das von vielen Pferden verhasste Hängerfahren. Der nächste wichtige Punkt: Vor dem Turnier sollte man unbedingt noch einmal probieren, ob das Pferd auch wirklich in den Hänger geht oder ob noch ein bisschen Training fehlt, damit am Turniertag nichts schief geht. Die Fahrtzeit, eventuelle Staus oder Verspätungen sind natürlich auch nicht zu vergessen und ein ganz wichtiger Punkt: die Unterbringung des Pferdes. Die meisten Ställe bieten Gastboxen an, da manche Turniere auch über mehrere Tage gehen und das Hin- und Herfahren zu viel Zeit in Anspruch nehmen und nur unnötigen Stress für die Pferde bedeuten würden. Ob eine Box benötigt wird, ist mit dem Veranstalter zu klären. Einige Reiter, die oft turniermäßig unterwegs sind, haben auch spezielle Unterbringungszelte für die Pferde, zäunen kleine Wiesenstücke ein und schaffen den Vierbeinern so eine gemütliche Unterbringung. Dabei spielt Futter natürlich auch eine große Rolle: Wird das Pferd vom Stall mitgefüttert, bekommt man dort Heu oder muss man alles selbst mitnehmen?

3. Checkliste

Besonders ärgerlich ist es natürlich, wenn man genau am Turniertag die schönen Handschuhe vergisst oder die Leckerlis – daher empfehle ich, eine Checkliste zu machen. Schon eine Woche vor dem Turnier kann man in Ruhe alles durchgehen, aufschreiben und zusammensuchen, was man tatsächlich braucht, und muss nicht morgens um halb acht hektisch den Schrank nach der hübschen, weißen Satteldecke durchsuchen oder die frisch gewaschene Reithose im Eiltempo trocknen. Wichtiges, was man auf keinen Fall vergessen darf:

Für das Pferd: Sattel mit Sattelgurt und Trense (natürlich frisch geputzt und sauber), eventuell Gamaschen, Bandagen oder Hilfszügel (dies darf man allerdings in der Prüfung nicht verwenden, am Abreiteplatz kann man natürlich die Gamaschen benützen), eine weiße Satteldecke, Kopfnummern, Abschwitzdecke je nach Bedarf, Putzkoffer (mit Schwamm, Feuchttüchern und Ersatzmähnengummis), Heunetz (für den Hänger), einen oder zwei Eimer für Futter und Wasser, eventuell Transportgamaschen, Futter, Leckerlis, Pferdepass

Für den Reiter: Turnierbekleidung (weiße Reithose, weißes Hemd, dunkles Jackett), eventuell Haarnetz, Reithelm, Handschuhe, nach Bedarf Gerte oder Sporen, eine bequeme Hose zum Überziehen (wer schon einmal eine weiße Hose im Stall anhatte, wird wissen, warum), Jacke oder Weste zum Überziehen (derselbe Grund – Sabberflecken machen sich nicht gut), Reitlizenz, Verpflegung und Nervennahrung

4. Üben, Üben, Üben!

Gerade für die ersten Turniere, bei denen Pferd und Reiter vermutlich nervöser sein werden, ist es gut, die Prüfungsaufgabe oft durchzugehen, bis die einzelnen Lektionen von beiden gut beherrscht werden. Am besten natürlich, es findet sich jemand, der die Aufgabe ansagen kann, und anschließend auch Feedback gibt, was denn nun gut und was weniger gut geklappt hat. Es lohnt sich außerdem, die Aufgaben mehr oder weniger auswendig zu können, denn in der Hektik des Turniers überhört man schnell einmal die Ansage.

5. Vorbereitungen am Turniertag

Bald genug Schlafengehen am Tag vor der Prüfung! Nichts ist schlimmer als morgens übelgelaunt und unausgeschlafen in den Stall zu gehen, außerdem wird sich diese Laune auch auf das Pferd übertragen. Die Mähne kann man schon am Vortag einflechten, je nachdem wie gut sie über Nacht hält. Meistens nimmt das Einflechten oder auch Einnähen nämlich sehr viel Zeit in Anspruch, die man nicht unbedingt entbehrt, wenn das Turnier schon früh morgens beginnt. Wenn man doch erst am Morgen einflechtet, lohnt es sich, dies vorher schon geübt zu haben. Außerdem ist es hilfreich, die Familie oder gute Freunde dabei zu haben als Helfer oder „TT“, „Turniertrottel“, der einige Arbeit abnehmen kann und auch zur mentalen Unterstützung da ist. Ein gutes Frühstück sowohl für Pferd als auch für Reiter ist ebenso wichtig und natürlich das rechtzeitige Abfahren. Spätestens eineinhalb Stunden vor dem Prüfungsbeginn sollte man vor Ort sein, denn oft verschiebt sich die Prüfung auch ein Stück nach vorne. Eine Stunde Zeit sollte man auch im eigenen Stall einplanen zum Putzen, Vorbereiten und Verladen. Denn meist machen sich die Pferde genau in der Nacht vor dem Turnier besonders schmutzig, oder die Frisur hat sich doch noch gelöst, oder das Pferd weigert sich genau an diesem Tag, in den Hänger zu gehen.

6. Abreiten

Vermutlich das wichtigste vor der Prüfung: das Abreiten. Wie lange und wie viel man das Pferd vor der Prüfung abreitet, hängt ganz vom Temperament, der Nervosität und der Laune ab. Ich kenne so manches Pferd, das am Turniertag zum nervösen Nervenbündel wird und erstmal eine Stunde auf dem Abreiteplatz laufen muss, ehe es sich entspannt. Bei anderen Pferden genügen zehn bis fünfzehn Minuten. Man sollte auf jeden Fall genug Zeit dafür einplanen: Zuerst ein lockeres Warmreiten im Schritt und Trab, dann je nach Pferd einige Zeit um Anlehnung und ordentliche Versammlung zu schaffen. Außerdem ist es gut, auf beiden Seiten zumindest ein paar Runden zu Galoppieren, auch um eventuelle Lahmheiten festzustellen und die Freudenbuckler oder „narrischen fünf Minuten“ loszuwerden, die manche Pferde so aus dem Nichts überkommen können. Manche Reiter gehen dann auch noch einige der schwierigeren Lektionen der Aufgabe durch, und andere meinen, die gesamte Aufgabe noch einmal Reiten zu müssen. Von Letzterem halte ich allerdings nichts, denn meistens ist sowieso kein Platz auf den Abreiteplätzen, und eventuelle Fehler oder Ungehorsamkeiten überträgt man häufig dann auch auf die Aufgabe. In den letzten Minuten vor der Prüfung empfiehlt sich ein lockeres Schrittreiten, damit man dann bestens vorbereitet in die Aufgabe starten kann.

7. Nervosität

Klar, jeder ist vor der ersten Prüfung nervös, doch man sollte immer im Hinterkopf behalten, dass sich diese Nervosität auch auf das Pferd überträgt. Außerdem denke ich mir immer, dass bei den Turnieren Spaß und Harmonie zwischen Pferd und Reiter im Vordergrund stehen sollten. Leider sehe ich häufig verbissene Reiter, die nur auf Erfolg aus sind und dabei schnell über das Ziel hinausschießen. Erst letztes Wochenende konnte ich eine Reiterin beobachten, deren Pferd im Dressurviereck vor einer Ecke gescheut hat. Egal, wie sie es probierte, das Pferd hatte in dieser Ecke panische Angst und wollte partout nicht vorbeigehen. In so einer Situation ist es einfach sicherer, die Prüfung abzubrechen, ehe man sich, das Pferd oder andere gefährdet. Turniere sollen, gerade für Amateure und Freizeitreiter, Spaß machen und nicht am Gewinnen festgemacht sein. Natürlich ist es schön, wenn man ein Schleifchen mit nach Hause nehmen kann, aber erzwungen sollte nichts werden. Das ist am wenigsten fair dem Pferd gegenüber. In diesem Sinne ist Nervosität auch nicht notwendig. Reiten soll Spaß machen und dies sollte man auch den Zuschauern und den Richtern zeigen, und nicht einen verkrampften, blassen Blick.

8. Bewertung und Platzierung

In den niedrigeren Klassen benoten die Richter jede Vorstellung mit Wertnoten von 0 – 10, wobei man mit einer geringeren Wertnote als 4 ausscheidet. Es gibt Richter, die strenger benoten als andere, doch pauschal kann man sagen, dass Wertnoten zwischen 5,5 und 6,5 am Häufigsten vergeben werden. Je höher die Klasse, desto strenger wird auch bewertet. Eine Dressurprüfung der Klasse A oder L gewinnt man normalerweise mit Wertnoten um 7,0 herum. In den höheren Klassen werden pro Richter Punkte vergeben, die schlussendlich eine Prozentzahl ergeben, wobei auch hier der Bereich um 65 – 75 Prozent für eine Platzierung oder einen Sieg reicht.

Je nach Veranstalter werden meisten ein Viertel der Teilnehmer platziert, bekommen eine Schleife und die erstplatzierten manchmal auch einen Pokal oder Sachpreise wie eine Decke, Halfter oder Fliegenhaube. Je höher und angesehener das Turnier, desto wertvoller auch die Preise, und wichtige nationale oder internationale Turnier sind auch mit hohen Preisgeldern versehen, ein zusätzlicher Ansporn, um den Wettbewerb- und Siegeshunger der Reiter voranzutreiben.

Foto: horsemen – Fotolia.com

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