Kommunikation mit Pferden
Als Kind hatte ich immer den Traum, mich mit Pferden wie Menschen unterhalten zu können. Ich dachte, ich wäre etwas ganze Besonderes, so niemand so etwas kann. Und trotzdem gibt es sie, die Pferdeflüsterer. Zu diesem Thema habe ich bereits im Jänner einen hilfreichen Artikel „Dem Pferd was flüstern“ verfasst.
Heute weiß ich, dass mein Pferd mich nicht versteht. Zwar denke ich oft, dass er mich versteht und mir zuhört, mich unterstützt und tröstet. Doch im Grunde können Pferde die Sprache der Menschen nicht verstehen. Was sie allerdings können, ist, die verschiedenen Laute voneinander zu unterscheiden, wie Hunde und andere Tiere. Deshalb kann man Pferde auch mit Stimmkommandos wie „Halt“, „Nein“ oder „Galopp“ führen. Besonders die Betonung und Stimmlage ist dabei wichtig. Da habe ich schon in der Reitschule gemerkt. Bei Stunden an der Longe sagte die Reitlehrerin immer „Scheeritt“ oder „und Schriitt“ in einem ruhigen, tiefen Ton, „Haalt“ war noch eine Oktave tiefer, während „Terab“/ „Trab Trab“ oder „Gaalopp“ flott und mit heller Stimme gesagt wurde.
Manche Schulpferde, vor allem die alten Experten, verstanden es sogar von alleine, wenn die Reitlehrerin in die Abteilung rief: „In der nächsten Ecke alle angaloppieren“. Das lag aber auch an der Aufregung der Reitschüler, die auf dieses Kommando mit dem Aufnehmen der Zügel reagierten und somit dem Pferd zu verstehen gaben, dass jetzt etwas kommt. Herzklopfen oder Aufregung spürte das Pferd und merkte so ganz schnell, was jetzt anstand.
Wenn ich zu meinem Pferd mit schneidender Stimme „Nein“ sage, versteht er mich besser, als wenn ich leise und zaghaft flüstere. Er ist dann auch mehr gewillt, anzunehmen, dass er das nicht darf, da er dann meine Autorität erkennt.
Ein wichtiger Punkt ist natürlich die Körpersprache. Diese können Pferde viel deutlicher erkennen und verstehen, als wenn wir reden. Wenn ich also traurig zu meinem Pferd gehe und mich in die Box setze, mit hängenden Schultern und diversen anderen Anzeichen, spürt mein Pferd das. Er will mich dann trösten und fängt an, an meinen Haaren zu knabbern oder mir sanft ins Gesicht zu prusten. Ob er mich dadurch wirklich aufheitern will, weiß ich nicht, aber es tut gut, zu sehen, dass ich ihm nicht egal bin. Außerdem wirkt sich die Ausstrahlung des Reiters auch auf das Pferd aus. Ob Nervosität, Stress, gute Laune, Ärger oder Traurigkeit – er spürt das und passt sich mir an.
Wenn sich erst einmal mein Stress auf mein Pferd übertragen hat, reagiert er nervös und ängstlich auf jedes kleinste Geräusch und schreckt sofort zusammen. Spätestens dann bemerke ich meistens meinen Fehler und löse mich von meinen eigenen Gefühlen. Wenn ich gemeinsam mit ihm ausflippen würde, könnte ich ihn kaum beruhigen, deshalb muss ich mich zuerst einmal selbst beruhigen, ehe ich mit so ruhiger Stimme wie möglich ihn beruhige. Meistens sage ich dabei völlig sinnlose Sätze oder erzähle ihm irgendetwas – denn wie gesagt, er versteht nicht genau, was ich sage und wie ich es sage ist viel wichtiger. Meine Reitlehrerin hat mir einmal gesagt, ich könnte ihm auch das Alphabet aufsagen, ich müsste es nur in derselben Tonlage tun, in der ich „Alles in Ordnung“ oder Ähnliches gesagt hätte.
Ein gutes Zusammenspiel zwischen Stimm- und Körpersprachhilfen ist am besten, wobei das auch von Pferd zu Pferd und von Reiter zu Reiter verschieden ist. Je näher man einem Pferd kommt und je besser dieses auf die kleinsten Signale reagiert, desto mehr kann man die Stimmsignale weglassen. Dem Pferd werden sie nicht fehlen, aber wir Menschen sind kommunikative Wesen, wobei auch das unterschiedlich ist. Ich zum Beispiel liebe es an manchen Tagen, schweigend mein Pferd zu putzen und dabei meine eigenen Gedanken schweifen zu lassen. Es ist angenehm, mit einem Tier zu schweigen, den beruhigenden Geräuschen des Pferdestalls zu lauschen und einfach mal die Klappe zu halten. An anderen Tagen sitze ich in der Box neben ihm und erzähle ihm von einem schlechten Tag oder einem Problem das ich habe. Auch das hilft um meine Gedanken zu sortieren und es tut gut, jemandem die Seele auszuschütten, der sicher nie etwas weitererzählen wird und der mit gespitzten Ohren lauscht. Ob er mich tatsächlich versteht? Wer weiß?
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