Reiten ohne Sattel empfehlenswert?
Wie wichtig ist ein passender Sattel? Viele stellen sich diese Frage überhaupt nicht, sondern werfen einfach irgendeinen Sattel aufs Pferd, Hauptsache, er ist schön, sauber und der Reiter fühlt sich wohl darin. Dabei kann ein nicht passender Sattel beim Pferd viele Probleme bewirken, und viele kennen die Folgen gar nicht.
Dazu ein Vergleich: Wir Menschen tragen Schuhe und normalerweise probieren wir die Schuhe vor dem Kauf an. Wenn ein Schuh nicht passt, also drückt oder juckt, zu klein oder zu groß ist, dann kaufen wir diesen Schuh nicht und sind froh, ihn wieder ausziehen zu können. Von falschen Schuhen tun uns die Füße weh, wir bekommen Blasen und andere Schmerzen. Bei Pferden ist dies genauso, der Sattel ist vergleichbar mit unseren Schuhen. Nur, dass Pferde meistens den Schmerz erdulden und eher selten zeigen, dass der Sattel drückt. Es ist die Aufgabe von Besitzer, Reiter und Sattler, diese Anzeichen zu erkennen, da es sonst zu schwerwiegenden Problemen kommen kann.
Ein falscher Sattel schadet dem Pferd
Zwickt der Sattel, oder liegt falsch, rutscht er oder juckt, macht sich das Pferd fest, verkrampft die Muskulatur und kann so nicht locker und entspannt schwingen. Wenn der Sattel außerdem schief ist und das Gewicht des Reiters nicht optimal verteilt, sodass der Reiter hinter oder vor dem Schwerpunkt sitzt, wird das Pferd ebenfalls in seiner Bewegung eingeschränkt. Es kann somit den Rücken nicht richtig aufwölben, was schließlich zu einem Senkrücken führt, zum Schwund und zu Schäden der Muskulatur. Außerdem kann der Reiter Hilfen nicht mehr korrekt ausführen und die Hinterhand des Pferdes kann nicht mehr optimal untertreten, wodurch eine falsche Gewichtsverlagerung auf die Vorhand entsteht.
Immer wieder hört man von anhaltenden Problemen zwischen Pferd und Reiter, nichts funktioniert so, wie es sich der Reiter vorstellt, Unzufriedenheit und Angespanntheit beim Reiten stellt sich ein. Dann wird auf einen neuen Sattel umgestiegen und alle Probleme scheinen sich in Luft aufzulösen. So wichtig wie für Cinderella die Schuhe sind also für die Pferde die Sättel.
Auswahl des perfekten Sattels
Und wie erkennt man nun, dass der Sattel nicht passt und wie den optimalen Sattel, der für Reiter und Pferd passt?
Um den Sattel zu testen, braucht man häufig einen Profi, einen Sattel, Pferdephysiotherapeuten oder jemand anderen, der sein Fach versteht. Man kann natürlich selbst auch einige Anzeichen erkennen: Dabei ist es am Sinnvollsten, zuerst den Pferderücken auf weiße Stellen zu untersuchen, die durch Satteldruck entstehen und auf die Reaktion des Pferdes zu achten, wenn man sich der Sattellage nähert und sie berührt. Außerdem kann man Muskelverspannungen und schmerzhafte Stellen ertasten. Der Sattel sieht spätestens, wenn der Sattel auf dem Pferd liegt, ob er passt, durch eine Vielzahl von Komponenten wie genug Freiheit für den Widerrist, Sattellänge und die Anpassungsfähigkeit der Sattellage. Ein Sattel muss natürlich auch für den Reiter passen, dieser darf nicht herumrutschen, sollte guten Halt haben und sich wohlfühlen. Es ist also doppelt schwer, einen geeigneten Sattel zu finden, denn oft passt ein Sattel für das Pferd aber nicht für den Reiter und der nächste passt Reiter aber nicht Pferd. Doch für gewöhnlich passt der Sattler auch einen Sattel an oder fertigt einen individuellen nach Maß an, wenn man etwas mehr bezahlen kann. Grundsätzlich ist es aber wie bei guten Schuhen: Lieber einen, der richtig passt und hochwertiger ist, als fünf billige und unpassende.
Reiten ohne Sattel empfehlenswert?
Grundsätzlich dient der Sattel als Schutz, sowohl für Pferd als auch für Reiter. Der Reiter sitzt bequemer, hat einen besseren Halt und kann sich zur Not auch mal am Sattel festhalten. Andererseits geht durch den Sattel auch der direkte Kontakt zum Pferderücken verloren, das Gespür für die Bewegungen und die Einwirkung auf den Vierbeiner erfolgt nicht ganz so harmonisch, da der Sattel die Signalübertragung etwas hemmt. Für das Pferd bedeutet der Sattel eine bessere Verteilung des Reitergewichts und Schonung des Rückens. Ohne Sattel sind es die beiden Sitzbeinhöcker, auf denen sich das Reitergewicht hauptsächlich verteilt und diese punktuelle Belastung ist für das Pferd nicht unbedingt das Beste.
Reiten ohne Sattel
Grundsätzlich wird jeder Reitlehrer, der etwas taugt, das Reiten ohne Sattel erst erlauben, wenn der Sitz des Reiters schon recht gut ist und er das Pferd in allen drei Gangarten sicher führen kann. Ist der Sitz des Reiters nämlich zu unruhig und nicht ordentlich ausbalanciert, stört jeder Stoß des Reiters das Pferd in seiner Bewegung. Man nehme zum Beispiel den Trab: Ohne Sattel ist es fast unmöglich, leichtzutraben, weshalb natürlich das Aussitzen vorgezogen wird. Wenn es nun den Reiter bei jedem Tritt auf und abschüttelt, bekommt das Pferd immer wieder Stöße in den Rücken, die nicht durch den Sattel gedämpft werden. Auf Dauer ist dies äußerst ungesund für das Pferd und kann Rückenprobleme hervorrufen!
Für Reiter, deren Sitz bereits ganz gut ist, kann das Reiten ohne Sattel eine hervorragende Sitzschulung sein. Ich spreche aus Erfahrung wenn ich behaupte, in einer Stunde ohne Sattel mehr über den korrekten Sitz und die Verbindung zum Pferd gelernt zu haben als in fünf Stunden mit. Jede Bewegung des Pferdes wird intensiver wahrgenommen, da man jeden Muskel spürt, der sich kontrahiert. Auch lernt man mit ein bisschen Übung, wie es sich anfühlt, wenn das Pferd rund wird und den Rücken aufwölbt.
An diese neue Art zu Reiten sollte man sich allerdings auch langsam herantasten. Viele Pferde sind es nicht gewohnt, ohne Sattel geritten zu werden und finden dies anfangs sehr irritierend. Auch gibt es je nach Körperbau und Muskulatur Pferde, auf denen das Reiten ohne Sattel für den Reiter zu einer schmerzhaften Tortur wird, genauso wie Pferde, die sowieso schon ein Rückenproblem (beispielsweise einen Senkrücken) haben und daher nur sehr selten bis gar nicht ohne Sattel geritten werden sollten, um die Krankheit nicht zu verschlimmern. Eine Alternative dazu ist, statt dem Sattel nur ein Pad mit einem Gurt, zum Beispiel einem Voltigiergurt, aufzulegen.
Fazit: Das Reiten ohne Sattel ist für fortgeschrittene Reiter eine schöne Abwechslung und macht sehr viel Spaß. Meiner Meinung nach sollte man sogar hin und wieder ohne Sattel reiten, aufgrund der positiven Auswirkung auf den Sitz und die Schulung der Wahrnehmung sowie der Vertrauensförderung.
Nicht zu vergessen: Sicherheit geht vor! Ohne Sattel hat man natürlich viel weniger Halt und bei einer plötzlichen Bewegung des Pferdes ist die Sturzgefahr viel höher. Mehr noch, wenn man ohne Sattel im Gelände unterwegs ist. Deshalb sollte der Helm unbedingt getragen werden.
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