Beim Einreiten eines Fohlens können viele Fehler passieren
Meine Freundin legte sich vor einiger Zeit ein Hengstfohlen zu und hat auch vor, es selbst auszubilden und einzureiten. Bei ihr bin ich mir zwar sicher, dass sie über genug Erfahrung im Umgang mit Pferden und auch Jungpferden besitzt, um das schaffen zu können, aber ich höre von vielen Seiten immer wieder von Reitern, die sich ein noch rohes Pferd kaufen und mit der Ausbildung dann überfordert sind, oder so einiges falsch machen. Und diese Schäden und Angewohnheiten, die durch falsches Einreiten entstehen, sind nur schwer wieder auszubügeln.
Deshalb halte ich es für immens wichtig, über genügend Erfahrung mit Jungpferden zu verfügen, bevor man sein Pferd selber ausbildet. Fohlen und Jungpferde sind wie Kinder, manchmal unberechenbar und stur und sie verfügen über eine enorme Kraft, die sie noch nicht richtig einsetzen können. Ich habe erst vor kurzem einen Fohlenbesitzer gesehen, der seit gerade mal einem halben Jahr Reitunterricht an der Longe hat und sich auf dieses halbe Jahr so einiges einbildet. Er meint nun, seinen Jährling in zwei Jahren richtig gut selbst einreiten zu können, obwohl er den Reitunterricht abgebrochen hat und noch nie frei geritten ist. „Lern ich halt mit meinem Pferd gemeinsam“, sagte er schulterzuckend. Das finde ich einfach nur verantwortungslos, immerhin muss ein Pferd langsam und schonend eingeritten werden, da kann sich nicht sofort ein Anfänger draufsetzen, an den Zügeln herumziehen und die Fersen in den Bauch rammen. Junge Pferde brauchen einen einfühlsamen Reiter, der seinen eigenen Körper unter Kontrolle hat und genau weiß, wann er im Gleichgewicht ist, einen guten Sitz hat und das Pferd nicht zu sehr belastet. Und auch Geduld und Disziplin sind wichtige Eigenschaften, wie bei der Erziehung eines Kindes.
Meine Reitlehrerin sagt immer zu mir: „Du musst die Mitte zwischen liebevoll und konsequent finden.“ Genau dasselbe gilt bei der Ausbildung eines Jungpferdes. Wie ich bei meiner Freundin immer gut beobachten kann, hat sie schon in einem Jahr eine starke Beziehung zu ihrem Hengstfohlen aufgebaut. Doch wenn er etwas tut, was er nicht machen sollte, weist sie ihm auch immer in seine Schranken und mittlerweile weiß er das genau. Er testet sie aus, probiert jedes Mal aufs Neue, wie weit er gehen darf – wie Kinder. Gibt man einmal nach, ist es nicht schlimm, aber wenn man öfter nachgibt, lernt das Fohlen das.
Beim Einreiten ist es auch wichtig, das Pferd nicht zu überfordern, jedes Pferd ist unterschiedlich schnell reif, manche können schon mit drei Jahren eingeritten werden, andere erst mit fünf. Und das Einreiten ist schließlich erst der letzte Punkt der Ausbildung. Viel wichtiger sind Bodenarbeit und Training an der Longe. Damit fängt man schon viel früher an, und erst wenn das Jungpferd die Dinge, die es später unter dem Sattel können soll, an der Hand kann, wird mit dem Einreiten begonnen. Ich habe selber noch keine Erfahrung damit, bin aber äußerst gespannt, wie meine Freundin das mit ihrem Hengstfohlen anstellen wird. Sie hat auch jetzt schon einen Trainer, der ihr alle zwei Wochen bei der Ausbildung zur Seite steht und wird auch beim Einreiten von diesem Trainer unterstützt werden. Das ist sicher sinnvoll, denn von unten sieht man einige Dinge, die einem entgehen, wenn man im Sattel sitzt. Trotzdem finde ich, dass es eine Menge an Erfahrung bedarf, ein Pferd einzureiten und etwaige Jungpferdbesitzer sollten sich im Klaren sein, wie maßgebend die ersten sechs Jahre für das weitere Leben eines Pferdes sind. Außerdem verfügen viele Reiter nicht über genügend Balance und Stabilität im Sitz, die Entspanntheit im Sattel und das Vertrauen und die Sicherheit in die eigenen Fähigkeiten. Gerade bei den ersten Ritten muss der Reiter dem Pferd Vertrauen und Sicherheit geben, sonst wird es die Verunsicherung und Angespanntheit womöglich nie wieder los.
Ich stehe der ganzen Sache etwas skeptisch gegenüber und würde ein Pferd nie ohne die Hilfe eines erfahrenen Trainers ausbilden, aber sogar mit Trainer ist eine schwierige Angelegenheit – allerdings natürlich auch eine tolle Leistung, sein Pferd selber auszubilden und die Beziehung, die man dabei zu seinem Pferd aufbaut unglaublich.
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